Wir bewegen uns in dieser Ausstellung zeitlich von den späten 1970er-Jahren durch die 1980er-Jahre. Diese zeitliche Wende war von weltpolitischen Ereignissen und Krisen geprägt: Kalter Krieg und atomare Bedrohung, die Umsetzung des NATO-Doppelbeschlusses durch die Bundesregierung mit der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Mutlangen, die zweite Ölkrise, Umweltzerstörung, Luft- und Wasserverschmutzung sowie die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Frage danach, wie sich diese Epoche in Ravensburg widerspiegelt. Welche neue Strömungen und Bewegungen kamen in Oberschwaben an? Wie wurden sie aufgenommen und was entstand neu vor Ort?
Den vorläufigen Befund zu diesem Jahrzehnt versuchen wir in unserem Ausstellungstitel im Dreiklang "Alltag, Apokalypse und Autonomie" einzufangen. Denn vielschichtig, teilweise unübersichtlich und widersprüchlich changiert das Jahrzehnt zwischen Angst und Aufbruch, Spaß und Protest, Kollektivität und individueller Freiheit, der Überwindung und der Beharrlichkeit von traditionellen Werten und Moralvorstellungen.
Erstmals ermöglichten neue Medien und Formate eine flächendeckende und schichtenübergreifende Versorgung mit Unterhaltung, Film, populärer Musik und neuen Trendsportarten. Von heute aus betrachtet am Ende des analogen Zeitalters, protestierten die Menschen 1983 gegen die Datenerhebung der Volkszählung, die Computertechnologie wurde überwiegend mit Skepsis betrachtet.
Im Aufbruch befanden sich die Frauen, die sich ihre Räume in der Stadt und in den politischen Gremien erkämpften, etwa mit den Demonstrationen zur "Walpurgisnacht" gegen Gewalt an Frauen oder der Grünen Frauenliste zur Gemeinderatswahl 1989. Auch die damals sogenannte Ökobewegung und die neu gegründete Partei Die Grünen, Atomkraftgegner*innen und die neue Friedensbewegung machten den gesellschaftlichen Wandel sichtbar. Außerdem veränderte sich das Gesicht der Stadt durch Sanierungsmaßnahmen, Neubau und den zögernden Abschied vom Konzept der autogerechten Stadt.
Eine vielfältige Jugend- und Musikkultur von Punk, über "Schwobarock" bis Pop breitete sich aus und war eng mit dem städtischen Jugendhaus verknüpft. Junge Menschen erprobten neue Lebensstile in Wohngemeinschaften, gründeten genossenschaftlich oder kollektiv organisierte Projekte und Netzwerk.
Alle Termine zu Führungen durch die Ausstellung finden Sie in unserem Terminkalender.
In den kommenden Wochen veröffentlichen wir dort weitere Begleitveranstaltungen zur Ausstellung.
Unser Medienguide zur Ausstellung ist vor Ort als Leihgerät oder als App zum kostenfreien Download verfügbar. Alle Infos zum App finden Sie hier.
Die Ausstellung kann im Rahmen einer Führung oder eigenständig besucht werden. Alle Informationen zur unserem Vermittlungsprogramm finden Sie hier.
Unsere Recherchen und Sammlungstätigkeiten zu diesem Projekt dauerten ein Jahr und förderten eine Vielzahl an Fotos, Filmen und persönlichen Erinnerungsstücken zusammen. Vor allem haben wir viele interessante Gespräche mit Zeitzeug*innen geführt, die diese Epoche miterlebt und mitgestaltet haben. Aus diesen Funden und Berichten haben wir nach und nach die Ausstellung entwickelt. Gezeigt werden zahlreiche Objekte aus Privatbesitz, Fotos und Plakate, ergänzt von Videoschnipseln und Audiofiles mit Zeitzeug*innen- Interviews und dem Sound der Zeit.
Wir danken allen, die mitgewirkt haben, Fotos, Dokumente und Dinge gesucht und gefunden und ihre persönliche Geschichte und Erinnerungen mit uns geteilt haben:
Albert Bauer, Peter Berger, Elvira Birk/Frauen und Kinder in Not e.V., Michael Borrasch, Wolfgang Braig, Matthias Bräuning, Jürgen Bretzinger, Heinz Bucher, Eckhard W. Dorner, Jörg Eberspächer, Wolfgang Engelberger, Klara Engl-Rezbach, Andreas Fanizadeh, Uli Feßler, Thomas Fischer, Christine Franke, Peter Frey, Richard Gerster, Mechtild Gräfin von Walderdorff, Dietmar Hawran, Werner Heinz, Ursula Hofheinz, Made Höld, Thomas Hoyer, Dietmar Hutzel, Werner Jäger-Franke
Ilse Landa, Renate Lau, Herbert Lippenberger, Elke Lippus, Manne Lucha, Heidi Ludewig, Jörg Mayer, Waltraud Mielke-Ruckh, Christine Moosherr, Irene Nägele, Liv Pfluger, Elsbeth Rieke, Hans Reinhard Rieß, Barbara Roth, Hans Ruckh, Joachim Scheible, Klaus Schneider, Regine Schröder, Karl Schweizer, Ingrid Sehle, Renate Sieburg, Anneliese Siegle-Brandl, Tanja Sommer-Mangold, Stadtarchiv Ravensburg, Karin Stübner, Hermann Vogler, Manfred Walser, Rüdiger Werner, Wynrich Zlomke