Buchvorstellung, Film und Gespräch "Martha Guttenberger & Erinnern für die Zukunft"
Die Autor*innen Magdalena Guttenberger und Manuel Werner stellen gemeinsam ihr Buch "Die Kinder von Auschwitz
singen so laut!" Das erschütterte Leben der Sintiza Martha Guttenberger
aus Ummenwinkel vor und lesen ausgewählte Texte der Publikation.
Danach findet eine Vorführung des Films Das Lager am Rande der Stadt – Eine Spurensuche in Ravensburg des Vereins Bildung für Sinti und Roma in Ravensburg e.V. statt.
Im Anschluss stehen Magdalena Guttenberger, Daniel Strauß (VDSR-BW), sowie Armani Spindler und Madeleine Kehrer (Verein Bildung für Sinti und Roma in Ravensburg e.V.) in einer Gesprächsrunde für Fragen bereit.
Musikalisch wird der Abend von der Band "Die Drahtzieher" umrahmt.
Eine Veranstaltung des Museums Humpis-Quartier und des Vereins
Bildung für Sinti und Roma in Ravensburg e.V. in Kooperation mit dem VDSR-BW (Verband deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg)
Buchbeschreibung:
"»Die Kinder von Auschwitz singen so laut!« Das erschütterte Leben der Sintiza Martha Guttenberger aus Ummenwinkel
Martha Guttenberger wurde
1921 in Önsbach/Achern in einem Wohnwagen geboren. Ihre musikalische Familie
war in der warmen Jahreszeit damals immer auf der Reis' und ging damit ihren
ambulanten Gewerben nach. Doch dann, 1933, begann "die schlechte
Zeit". Martha Guttenberger war 21 Jahre alt, als Stuttgarter und
Karlsruher Kripo und Mosbacher Polizisten sie mit ihrem dreijährigen Josefle
von Dallau über Mosbach im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau einlieferten.
Dort wurde sie von der SS unter anderem im Waisenblock eingesetzt, in dem
Sintikinder und Romakinder unter schlimmsten Bedingungen litten, massenhaft
umkamen, letzlich ermordet wurden. Es folgten die KZs Ravensbrück, Schlieben
und Altenburg. Nach der Befreiung lebte sie jahrzehntelang mit ihrer Familie in
zwei engen Zimmern einer Baracke des vormaligen Ravensburger NS-Zwangslagers im
hintersten Ummenwinkel. Die Überlebende hatte nur ein Ziel: immer für ihre
Familie da zu sein und genug Essen zu besorgen. Doch nachts "kamen"
immer "die Kinder von Auschwitz zu ihr". Auch sonst lebte sie oft
"in einer Welt, die wir nicht kennen". Martha Guttenberger wollte,
dass das ihr und ihren Lieben Widerfahrene nach ihrem Tod bekannt wird. Ihre
Schwiegertochter Magdalena Guttenberger notierte ab 1972 die Erzählungen von
Martha Guttenberger mit. Manuel Werner hielt hierzu weitere Gespräche fest,
recherchierte zu verschiedenen Bereichen und arbeitete viele Aspekte ein. So
werden beispielsweise Sprachformen der Familie der Begrifflichkeit der
Verfolger gegenübergestellt. Auch Ummenwinkel kommt in diesem Buch zur Sprache,
als der soziale Raum, in dem Martha Guttenbergers Familie mit anderen
Sintifamilien zusammenlebte und sich mit den Folgen der NS-Verfolgung,
unheilvollen Kontinuitäten und nicht enden wollendem Antiziganismus
auseinandersetzen musste. Magdalena Guttenberger und Manuel Werner lassen in
dem Buch auf 412 Seiten und 160 Abbildungen ein vielschichtiges Lebenspanorama
aus Erinnerungen und mündlicher Überlieferung aufleben. Bei den Tätern nennen
sie Ross und Reiter. Zur Qualität des Buches gehört neben einer reflektierten
Bildauswahl die Verwendung der authentischen direkten Rede wo immer möglich.
Die ebenfalls quellenbasierte Erläuterung der sozialen, historischen,
politischen und familiären Hintergründe erfolgt ausführlich und zielt auf das
Reflexionsvermögen beim Leser.